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Neuigkeiten zur Geschäftsführerhaftung in der GmbH & CO. KG
Geschäftsführer der Kommanditisten-GmbH haften im Falle sorgfaltswidriger Geschäftsführung nach § 43 Abs. 2 GmbHG auch gegenüber der Kommanditgesellschaft
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer neuen Grundsatzentscheidung vom 14. März 2023 (BGH II ZR 162/21) zur Frage der Geschäftsführerhaftung in der GmbH & Co. KG nunmehr ergänzend klargestellt, dass nicht nur Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Falle sorgfaltswidriger Geschäftsführung gegenüber der Kommanditgesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG einstandspflichtig sind, sondern gleiches auch dann gilt, wenn sie als Geschäftsführer einer Kommanditisten-GmbH tätig geworden sind. Auch die Wahrnehmung verschiedener Aufgaben durch die geschäftsführende GmbH führt nicht zu Haftungserleichterungen. Ferner schließt die mangelnde Ressortzuständigkeit eines Geschäftsführers seine Haftung nicht per se aus; es verbleibt das Risiko einer Verletzung seiner fortwirkenden Überwachungspflicht. Letztere wurde vorliegend im Hinblick auf die Bedeutung der in Rede stehenden Geschäftsführungsmaßnahme bejaht.
I. Zugrundeliegender Sachverhalt
Dem Urteil liegt im Wesentlichen der folgende (vereinfachte) Sachverhalt zugrunde:
Der Gesellschaftsvertrag einer Publikums-Kommanditgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG (nachfolgend: die „Publikums-KG“) sah vor, dass zur Geschäftsführung ausschließlich eine ihrer Kommanditistinnen, die in der Rechtsform einer GmbH (nachfolgend: die „GmbH“) firmierte, berechtigt sein sollte. Der Beklagte des Rechtsstreits wurde Ende 2011 zum weiteren Geschäftsführer der GmbH bestellt und erhielt hierfür ab 1. Januar 2012 ein monatliches Geschäftsführergehalt von EUR 2.500,00. Die GmbH wurde nicht nur in der Publikums-KG, sondern auch in weiteren Gesellschaften in entsprechender Weise als geschäftsführende Kommanditistin eingesetzt.
Geschäftsmodell der Publikums-KG war es, Anlegergelder einzuwerben und diese einer Aktiengesellschaft als Darlehen zum Erwerb von Immobilien zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensvertrag sah eine umfangreiche Besicherung der Darlehen vor; die Zinserträge aus den Darlehen sollten an die Anleger (Kommanditisten der Publikums-KG) ausgeschüttet werden.
Nachdem die Aktiengesellschaft und (wohl in der Folge) dann auch die Publikums-KG in Insolvenz gefallen waren, nahm der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Publikums-KG den Beklagten (Geschäftsführer der GmbH) in Anspruch, und begründete dies damit, dass im Jahr 2012 eine – nicht durch den Beklagten veranlasste - Überweisung der Publikums-KG an die Aktiengesellschaft erfolgt sei, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits Darlehen in Höhe von EUR 38 Mio. an die Aktiengesellschaft ausgezahlt worden waren, entgegen der Vereinbarungen im Darlehensvertrag aber nur ein Bruchteil davon, nämlich ca. EUR 2,7 Mio. werthaltig besichert gewesen seien. Darüber hinausgehende Sicherheiten wurden im Zuge der Überweisung im Jahr 2012 nicht bestellt. Alle Instanzen sahen die Klageforderung als begründet an:
II. Wesentliche Ergebnisse des BGH
Der BGH stellte seiner Entscheidung folgende zusammenfassende Leitsätze voran:
- Der Schutzbereich des zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses erstreckt sich im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft.
- Die Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG erstreckt sich auch dann auf die Kommanditgesellschaft, wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist.
Im Ergebnis sprach der BGH der Publikums-KG einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 GmbHG zu.
Unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung, wonach der Schutzbereich des zwischen einer Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft zu erstrecken ist, urteilte der BGH, dass nichts Anderes auch in der hiesigen Sonderkonstellation gelten könne, bei der eine Kommanditisten-GmbH die Geschäftsführung übernommen habe. Der Pflichtenkanon der Komplementär-GmbH und der Kommanditisten-GmbH bei der Geschäftsführung sei vergleichbar und die übrigen Kommanditisten seien in beiden Fällen schutzbedürftig.
Begründet wurde die Einstandspflicht des Beklagten damit, dass er seine Pflichten als Geschäftsführer der GmbH dadurch verletzt habe, dass er die (unbesicherte) Überweisung an die Aktiengesellschaft nicht verhindert habe. Dies gelte unbeschadet der Tatsache, dass er erst ab Januar 2012 seine Tätigkeit aufgenommen habe, weil die Darlehensvergabe an die Aktiengesellschaft das Kerngeschäft der Publikums-KG dargestellt habe. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet gewesen, sich kurzfristig bei Dienstantritt hiermit zu befassen.
Der BGH ließ die Haftung weder daran scheitern, dass der Beklagte nach interner Ressortverteilung für die hier schadensverursachende Maßnahme nicht zuständig gewesen sei, noch daran, dass die GmbH zugleich noch anderen Tätigkeiten nachging, also die Geschäftsführung für die Publikums-KG nicht das exklusive Tätigkeitsfeld der GmbH gewesen sei.
III. Argumentation des BGH
Der BGH argumentierte insbesondere mit den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Die Publikums-KG sei in den Schutzbereich des zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer, dem Beklagten, bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses einbezogen und nach Treu und Glauben hierauf auch angewiesen. Es komme insoweit auch nicht darauf an, ob die GmbH als Komplementärin oder Kommanditistin tätig werde.
Die Publikums-KG und ihre Kommanditisten hätten regelmäßig keine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tätigkeit des Geschäftsführers. Insbesondere bestehe kein Weisungsrecht. Nur wenn ihr aus dem Organ- und Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers zur GmbH ein eigener Anspruch gegen den Geschäftsführer zustehe, führe seine Entlastung durch die Gesellschafterversammlung der GmbH nicht zugleich zum Ausschluss der Kommanditgesellschaft mit Ansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer.
Die Einbeziehung der Publikums-KG in den Schutzbereich sei dem Beklagten erkennbar gewesen und ihm auch zuzumuten, selbst wenn die Geschäftsführung für die Publikums-KG nicht das einzige Aufgabenfeld der GmbH gewesen sei. Insoweit bestätigte der BGH bisherige obergerichtliche Rechtsprechung und entsprechende Literaturstimmen: Unbeschadet der Frage, ob noch weitere Aufgabenfelder bestehen, ändere dies am Pflichtenkreis des Geschäftsführers nichts. Er habe sich bei Übernahme der Geschäftsführung über den Umfang der damit verbundenen Aufgaben einen Überblick zu verschaffen. Die Kommanditgesellschaft dürfe darauf vertrauen, dass hinreichende Kapazitäten für die sorgfältige Geschäftsführung bestünden; sei dies tatsächlich nicht der Fall, könne dies nicht eine Entlastung bzw. Haftungsreduzierung zugunsten der Geschäftsführer auslösen. Hierdurch komme es auch nicht zu unzumutbaren Haftungsgefahren der Geschäftsführer wegen hypothetisch möglicher Interessenkonflikte bei der Wahrnehmung der Geschäftsführung für verschiedene Gesellschaften.
Schließlich könne den Beklagten auch die Ressortverteilung nicht entlasten, nach der er für die hier schadensursächliche Auszahlung nicht zuständig gewesen sei. Wegen der Allzuständigkeit der Geschäftsführer lasse die Ressortverteilung die Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft im Ganzen nicht entfallen. Hinsichtlich ressortfremder Aufgaben bleibe jedenfalls eine Überwachungspflicht bestehen, deren Reichweite nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sei.
Die Schutzwirkung zugunsten der Publikums-KG im Sinne eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bestehe auch im Hinblick auf Überwachungspflichten. Die Kommanditgesellschaft ist insoweit in gleicher Weise schutzbedürftig wie hinsichtlich der Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen. Die Reduktion der Pflichten des Geschäftsführers hin zur bloßen Überwachungstätigkeit sei hinreichend, um der fehlenden Ressortverantwortung Rechnung zu tragen, ohne dass deshalb noch weitere Einschränkungen der Haftung geboten seien.
IV. Bewertung und Folgen für die Praxis
Das Urteil des BGH, der sich letztlich den Ergebnissen der Vorinstanzen abschloss, ist nachvollziehbar. Es kann für die Haftung des GmbH-Geschäftsführers keinen Unterschied machen, ob er seine Sorgfaltspflichten als Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH oder einer geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH verletzt. Das Schutzbedürfnis der Kommanditgesellschaft besteht gleichermaßen.
Einleuchtend ist auch, dass der Pflichtenkanon der Geschäftsführer nicht davon abhängig sein kann, wie viele Aufgaben die geschäftsführende GmbH übernommen hat; ihre Geschäftsführung muss dafür sorgen, dass für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben hinreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Schließlich bestätigt das BGH-Urteil erneut, dass die Sorgfaltspflichten der Geschäftsführer nicht im eigenen Ressort enden, sondern darüber hinaus für wesentliche Geschäftsbereiche eine Überwachungspflicht fortbesteht. Die daraus resultierenden Pflichten sind von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Zur Verringerung der Haftungsrisiken empfehlen sich angemessene Informationspflichten gegenüber der Gesamtgeschäftsführung, die sich in besonders wesentliche Vorgänge einzubringen hat und darüber hinaus stets einzugreifen hat, wenn sich in einzelnen Ressorts Unstimmigkeiten oder besondere Risiken ergeben.
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